Community
December 22, 2022

All I want for Christmas is Sustainable Solidarity (and you)

All I want for Christmas is Sustainable Solidarity (and you)

Gemeinnützige Arbeit, die auch nach Weihnachten Wirkung zeigt

Die niedrigen Temperaturen und die Festtage lösen bei vielen Menschen das Bedürfnis aus, sich für andere zu engagieren. Doch wo sollen wir hinschauen? Wo ist die Not gerade besonders dringend? Und wie stellen wir sicher, dass unsere Hilfe auch wirklich hilfreich ist für Betroffene? Während wir uns solche Fragen stellen, werden wir mit News über Kriege, Krisen und Katastrophen überhäuft. Alle sind dringlich, denn wir wissen mittlerweile, dass Zögern und untätiges Zusehen für Mensch und Natur lebensbedrohlich sind. Der Appell ist klar: Schnell handeln. Dennoch gilt es einiges zu beachten.

Wir tragen neue Verantwortungen

Begriffe wie „White Saviorism“ oder „Poverty Porn“ erlangen berechtigterweise einen Platz im Vokabular einer breiteren Bevölkerung. Heute führen wir Diskurse über Allyship und Solidarität, die vor einigen Jahren noch wesentlich einseitiger waren. Wir brauchen neue Narrative und Lösungen aus der Perspektive von Betroffenen und müssen unsere eigenen Annahmen über Menschen mit Marginalisierungserfahrungen kritisch betrachten.

Wer zur Winterzeit helfen will, gerät also schnell auf dünnes Eis: Sind Geldspenden nachhaltig? Reproduziere ich Gedankengut und Machtverhältnisse, die den Betroffenen langfristig schaden? Wie kann ich helfen, ohne zu bevormunden? Wie gehe ich damit um, dass ich mich in einer privilegierten Position befinde, in der ich entscheiden soll, wer meine Aufmerksamkeit und Hilfe kriegt und wer nicht?

Solche Fragen sind unumgänglich, doch für den/die Einzelne/n können sie überfordernd und lähmend wirken — mit fatalen Folgen: Uneinigkeit, Scham- und Schuldgefühle ziehen die Krisen unserer Zeit in die Länge und helfen niemandem, eine bessere Zukunft zu erleben.

Gemeinnütziges Engagement braucht einen Paradigmenwechsel. Solidarität ist kein wetter-, krisen- oder katastrophenbedingtes Phänomen. Dass eine gute Lebensqualität für alle Menschen erreicht und geschützt wird, darf nicht von Opportunismus, Trends oder Algorithmen der Social-Media-Konzerne abhängig gemacht werden. Solidarität ist ein Grundpfahl unserer Menschheit und darauf können wir aufbauen. Doch Solidarität braucht ein Update — mental, emotional, digital und medial. Kurz gesagt: Solidarisches Handeln soll zugänglicher werden, nicht komplexer.

Wie können wir solidarisch denken und handeln?

Gedankenanstösse und Tipps:
Mut zur Lücke:
Deine Empathie hat Wirkung. Du musst nicht alles wissen über die Welt, um eine helfende Hand zu bieten. Egal ob ein Kind Nachhilfe bei den Hausaufgaben kriegt oder ein Menschenleben in Seenot gerettet wird — das ist alles Hilfe, die gebraucht wird. Diese Hilfe können du oder Menschen in deinem direkten oder indirekten Umfeld ermöglichen.

Informiere dich auf transparenten Seiten: Hierfür ist Plentii da. Auf der Plattform sind bekannte, sowie weniger bekannte Organisationen vertreten. Die meisten kennen wir persönlich, alle werden von uns geprüft. Alle sind transparent, direkt, lokal und/oder vor Ort engagiert und dokumentieren ihre Arbeit auf Plentii. Du findest sicher eine Sache, die dir etwas bedeutet.

Du hast das Zeug dazu: Mit grösster Wahrscheinlichkeit hast du eines dieser Mittel: Geld, Zeit, Material oder Freunde, die Geld, Zeit oder Material haben. Auch wenn alle Stränge reissen, kannst du die Organisationen, die du wichtig findest, mit deiner Stimme unterstützen — durch Likes, Teilen und direktes Versenden an potenzielle Helfer:innen. Die Plattform ist so aufgebaut, dass digitales Engagement den Übergang in die reale Welt schafft.

Collaboration > Competition: Wir Menschen brennen für unterschiedliche Themen und Bedürfnisse und in dieser Vielfalt steckt der Impact: Durch die Unterstützung verschiedener Organisationen, können auch verschiedene Probleme gelöst werden und der Fokus liegt nicht nur bei dem Thema, das gerade die grösste Aufmerksamkeit erhält.

History doesn’t have to repeat itself

Als Beispiel blicken wir auf einen der aktuellen Brennpunkte der Welt:Iran, Juni 2009. Die Studentin Neda Agha-Soltan wird von einer Streitkraft des iranischen Regimes in aller Öffentlichkeit erschossen. Dies geschieht im Rahmen der Protestbewegung nach der iranischen Präsidentschaftswahl im selben Jahr, die als „Grüne Revolution“ bezeichnet wird. Verzweifelt fordern Iraner:innen via Social Media internationale Berichterstattungen und Schutz der Menschenleben im Iran. Das schreckliche Video der sterbenden Frau kursiert um die Welt, die Proteste werden in internationalen Medien aufgenommen und Politiker:innen äussern sich zur Lage im Iran. Dennoch verfolgt die iranische Regierung bis heute dieselbe Agenda. Neda wird zur Ikone dieser Unterdrückungsbewegung deklariert — ein symbolisches, doch distanziertes Narrativ für ein Menschenleben, das eine andere Geschichte erzählen hätte können.

Fast Forward: Iran, September 2022: Der Tod von Jina Mahsa Amini erschüttert die Welt. Internationale Medien und Politiker:innen nehmen wieder Stellung zum Geschehen im Iran. Wieder sind wir aufmerksam. Doch wir sprechen anders darüber: Historiker:innen, Journalist:innen und Expert:innen mit iranischen Wurzeln gewinnen vermehrt an Medienpräsenz. Mit der zunehmenden Sichtbarkeit der iranischen Diaspora scheint die Idee einer Trennung zwischen dem „Iran und dem Westen“ nicht mehr sinnvoll. Es sind Denkweisen und somit auch Diskurse, die es auch 2009 gebraucht hätte.

Warum ist es heute anders? Es gibt unzählige Faktoren — darunter aber auch die Existenz und Sichtbarkeit anderer Bewegungen. Denn seit 2009 stand die Welt nicht still. Spätestens jetzt wissen wir, dass Entwicklungshilfe nicht auf anderen Kontinenten, sondern primär in unseren eigenen Köpfen stattfinden muss: Feminismus, Antirassismus, Support und Gehör für die Queer Community — nur um einige Beispiele zu nennen — haben dadurch an Relevanz gewonnen. Heute sind wir rezeptiver und betroffener für die Bedürfnisse verschiedener Kulturen und Communities, als vor rund 13 Jahren. Dieser gesellschaftliche Wandel gibt auch Iraner:innen Hoffnung: Wenn wir in 13 Jahren nochmals über das Leben im Iran sprechen, sollen diese Geschichten nicht erneut mit dem Tod einer jungen Frau beginnen. Unsere Worte der Bedrücktheit können diesmal mehr hinterlassen, als nur den bitteren Nachgeschmack performativer Statements.

Was wir heute säen, ernten wir nicht am selben Tag — aber in Zukunft

Unser Beispiel über den Iran braucht sicherlich mehr Elaboration. Doch es ist ein Gedankenexperiment wert, das vernetzte Weltgeschehen langfristig zu betrachten: Engagement, das heute Unterstützung kriegt, ebnet indirekt auch den Weg für andere Fortschritte. Es ist nicht zu spät für eine bessere Zukunft. Auf der Welt gab es schon immer Menschen, die sich für Gerechtigkeit, Freiheit, Inklusion, Menschenrechte oder Umweltschutz eingesetzt haben. Doch Held:innen, Pionier:innen, Stars und Ikonen haben den Fortschritt nicht alleine gestemmt. Sie taten dies mithilfe von zahlreichen Unterstützenden, die ihnen die Ressourcen und die Sichtbarkeit gegeben hatten, die sie brauchten. Du musst nicht der nächste Martin Luther King oder die nächste Greta Thunberg sein, um die Welt ein bisschen wünschenswerter zu machen.Wo stünden wir als Menschheit, wenn wir feministische Bewegungen nie unterstützt hätten? Wie viel mehr Rassismus und Diskriminierung wären heute an der Tagesordnung, wenn niemand hinhören würde?

Wir sind noch lange nicht dort, wo wir sein möchten. Wir werden an Weihnachten nicht die Welt retten können, doch wir können diejenigen unterstützen, die konstant die Welt jeden Tag ein kleines oder grosses Stück verbessern. In diesem Sinne, folgt heute kein Appell, sondern viel mehr eine Einladung in eine solidarische, wünschenswerte Zukunft — vor, während, und nach Weihnachten.

Merry Christmas and a Happy New Year.

Autor:in: Parvane S.
Bildquelle: Oversnap/Getty Images

Recent Articles